Mittwoch, 24. September 2008

Noch ein guter Mensch aus Sichuan

Ja, diesmal wir der Provinzname so geschrieben - "Sichuan" und nicht, wie es in Wikipedia heißt "Sezuan". Ziemlich unwichtig, es ist eh nur eine Transkription des chinesischen Name und dem werden wir mit unserer europäischen Zungen nie gerecht. Noch einen guten Mensch aus Sechuan fand ich im Spiegel-online, gedruckt war es im SPIEGEL special 5/2004 vom 16.11.2004, Seite 113.

Es ist die Geschichte eines Lehrers aus Chengdu, in der Provinz Sichuan, der in 30 Jahren einen unglaublichen Aufstieg vollbrachte. Von einem Dorflehrer, der hier in der Mao-Zeiten als Intelektuelle verbannt wurde zu dem reichsten Mann Chinas. Der Spiegel berichtet, dass: Liu Yonghao, 52, leitet ein Firmenkonglomerat von über 90 Betrieben mit über 15 000 Angestellten. Zu seinem Imperium gehören Futtermittelfabriken und Molkereien, Chemieanlagen und Elektrizitätswerke. In Shanghai, Dalian und Chengdu baut Liu Wohnblocks und Bürotürme, er berät Investoren und besitzt zwölf Prozent von Chinas erstem privatem Geldinstitut. Und trotzdem ist er ein guter Mensch. Also Brecht war im Unrecht, als er bei seinem guten Mensch aus Sichuan behauptete, die Götter wollen es so, dass der Mensch ungut ist, und wenn er zufälligerweise sich doch bemüht, gut zu werden, wird er auf sich selbst gestellt und keine Hilfe bekommen. Liu Yonghao hat Geld gemacht, genauso wie es sich im brechtsschen Stück abspielte, und blieb trotzdem bescheiden und gut. Liu fährt einen bescheiden Wagen und gibt sich als patriotischer Unternehmer mit Gemeinsinn: Armen Bauern an der Grenze nach Tibet schenkte er eine Molkerei. Zusammen mit Geschäftsfreunden finanzierte er Entwicklungsprojekte in der rückständigen Westregion Xinjiang und schuf damit Tausende Arbeitsplätze. Seine Mitarbeiter preisen ihn als umgänglichen Chef, der am Wochenende mit ihnen Tischtennis spielt: Liu - der gute Mensch von Sichuan.
Übrigens auf dem Foto sieht man den guten Liu als Ehrendoktor eines Kantoner Universität.
Es ist eine Karierre, die gerade für neue China beispielhaft ist.
Die Geschichte vom Aufstieg des armen Lehrers Liu zum Yuan-Milliardär verkörpert den radikalen Umbau Chinas von Klassenkampf und Planwirtschaft zum "Sozialismus mit chinesischen Kennzeichen" - worunter Peking die Kombination aus Kapitalismus und kommunistischer Einparteienherrschaft versteht. Es ist ein System, in dem die Gunst der Obrigkeit erworben werden muss und in dem Interessen lokaler Seilschaften oft mehr Gewicht haben als Recht und Gesetz. Wer die Grundregeln der "Guanxi" - Beziehungen - verletzt oder sich prahlerisch in den Vordergrund spielt, riskiert den schnellen Absturz.

Daher ist eben der gute Liu ein guter Liu.
Die Menschen sind nicht gut. Brecht hat sich nicht geirrt. Sie sind nur fähig, sich anzupassen und zu arrangieren. Was ist gut dabei?

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