Freitag, 6. März 2009

Die asiatische Katze meines Urgroßvaters

Von demselben Mann bekam mein Urgroßvater auch eine Katze aus Asien. Die Familienlegende will, dass es eine Tibetische Katze war, aber es ist kaum möglich, weil die Tibeter erst in den 60. letztes Jahrhunderts als Kreuzung zwischen Siamesen und Balinesen gezüchtigt worden sind. Und "unsere" asiatische Katze kam in die Familie noch vor dem I. Weltkrieg. Vielleicht war es eine Bengal Katze, die wie ein kleiner Lampart aussieht. Dieses Foto fand ich in Wikipedia und hoffe dass mit der Linkangabe (bitte aufs Foto klicken) die Nutzungsrechte abgegolten sind.
Die Katze wurde meinem Großonkel Wiktor, der damals weder Groß noch Onkel war, sondern ein zehnjähriger Junge, in Obhut gegeben. Sie war wunderschön, freundlich und verspielt, und wie die Katzen eben sind, achtete sie eigentlich nur Wiktor und behandelte andere Haushaltsmitglieder mit herablassender Gleichgültigkeit. Wiktor brachte ihr auch ein paar kleine Tricks bei, sich rollen, Zeitung holen und Ähnliches. Kein Wunder, dass er immer wieder gebeten wurde, bei den grösseren Gesellschaften, seine Exotin vorzuführen. Bei einem solchen Anlass äußerte eine Gräfin, die gerade zu Gast war, einen Wunsch, die Katze bei einer ihrer Gesellschaften vorführen zu dürfen. Einem Wunsch einer Gräfin wurde entsprochen, mein Urgroßvater, ohne seinen Sohn zu fragen, stimmte zu. Am nächsten Tag hatte die Katze sich um 16.00 bei der Gräfin zu finden. Wiktor kam aus der Schule und bekamm einen Befehl, die Katze bei der Dame abzuliefern. Er wollte es nicht, was aber natürlich niemandem interessierte. Die Zeiten waren doch sehr autoritär. Mein Urgroßvater mochte vielleicht ein wunderbarer Gentelman zu sein, aber ein einfühlender Vater, der alle seine Entscheidungen mit den Kindern bespricht, war er nicht. Hätte auch nicht sein können. Es herrschten andere Erziehregeln, und der Wiktor ist mit seiner Katze zu der Gräfin gegangen. Ein Kamerdiner nahm ihm den Korb mit der Katze im Flur ab und sagte, um 20.00 Uhr soll er zurückkommen, um die Katze abzuholen. Unheil ahnend ging der Knabe nach Hause, schlenderte noch ein bißchen hie und da, schaute sich die Bücher in einem Buchhandel, spielte ein Stündchen in dem romantischen Łazienki-Park und als er endlich zurück war, herrschte in der Wohnung ein totaler Durcheinander. Eine weinende Zofe, die Dienstbotin der Gräfin, bat den Jungen, sofort mit ihr zu gehen und sein Teufelstier zurückzunehmen. Das Teufelstier hat alle mögliche Gegenstände kaputtgeschlagen, wertvolle Ölbilder zerkratzt, Gardinen abgerissen. Der Laufbursche und der vornehme Kamerdiner wurden blutig gebissen, die Gräfin lag ohnmächtig auf dem Sofa, die Köchin weinte. Der Urgroßvater war schon zur Stelle, um der Gräfin als Arzt beizustehen, aber mit der wildenden Katze konnte auch er nicht zu recht kommen, und alle warten, und fragen höflich, ob der junge Herr gnädig kommen würde...

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